2019•101 - T E X T:
Die Literatur steht mit 26 Themen wieder an der Spitze, und Schiller nimmt wieder
(wie im Schuljahr 1935/36) die erste Stelle ein. Es ist erneut die „Wallenstein-Trilogie“
(8g; „Soldatentypen“, 8rg; Wallenstein als Hochverräter“, 7a), aber auch „Maria Stuart“
(6c). Auffällig ist, dass das „Verräter“-Thema oftmals auftritt. Es folgen Themen von
Heinrich von Kleist („Prinz“ und „Kohlhaas“), „Egmont“ (7a) und zweimal der „Götz“
(7b) von Goethe und ein Thema von Friedrich Hebbel („Agnes Bernauer“,8g). Verstärkt
rückt das Nibelungenlied in die Aufsatzthematik.
Hinzukommt „Der Hochverräter“ (7b) von Curt Langenbeck (1906-1953), der mit diesem
Drama 1939 seinen größten Erfolg erzielte. Er entwirft hier eine Dramaturgie, die
der Bewusstseinserneuerung im nationalsozialistischen Sinne und der Opferbereitschaft
dienen sollte. Ein zweiter nationalgesinnter Autor der Gegenwart, Karl Benno
von Mechow (1897-1960), bot mit seinem Reiterroman „Das Abenteuer“ ein Aufsatzthema
in der Klasse 6a. Hier wird der Krieg als Abenteuer beschrieben.
Einer besonderen Analyse erfahren die Kategorien „Erziehung“, „Politik“, „Geschichte“
und „Sonstiges“, die zusammen 29 Aufsatzthemen formuliert haben, was ungefähr die
Hälfte aller Aufsatzthemen ausmacht. Nimmt man die Literatur-Themen mit deutlichem
Bezug auf Krieg und Wehrmacht hinzu (kurios z. B. in der 7a: „‚Es ist der Geist,
der sich den Körper baut!‘ Wenden Sie dieses Schillerwort auf die deutsche Wehrmacht
und ihre Erfolge an.“), und das sind die meisten, ergibt sich eine Sammlung von
Aufsatzthemen, die im Schuljahr 1940/41 nahezu vollständig „politisiert“ sind.
In der genannten Vierer-Rubrik sind sieben Themen über Deutschland in Bezug auf
die Außenpolitik, die zum Beispiel auf die Stärken und Schwächen Englands abzielen
(8g), auf Kolonien (6b; vgl. Jüttemann, S. 124) und Eroberungen in Norwegen und
den Niederlanden (8rg) urteilen. In etwa 14 Aufsätzen sollen sich die Schüler mit
der deutschen (Kriegs-)Politik beschäftigen, die mit Waffengattungen (6a, 6b) und den
Aufgaben einer Heimatfront (7a, 7b), mit dem Soldaten-Image der Deutschen (7a zwei
Mal) und der HJ (6a) das Thema geben. Und was die literarischen Zitate zum Besinnungsaufsatz
nicht erreichen, sollen Zitate von Josef Goebbels („Krieg als großer Erzieher“,
8rg), Adolf Hitler („Freiheitskampf des Großdeutschen Volkes seit 1933“, 6b)
und Alfred Rosenberg („Revolutionärer Krieg“, 8rg) erreichen. Wenn auch kein Abi-
Thema dieser Zeit direkt auf Hitler bezogen ist, wie Veronika Jüttemann (a.a.O., S. 128)
schreibt, so wird Hitler indirekt oder als Führer-Persönlichkeit (im historischen Vergleich)
in der Oberstufe angesprochen. „Die Rasse wird im großen Stil rausgehalten“,
schreibt Veronika Jüttemann (a.a.O., S. 130), in einem Aufsatzthema der 8rg klingt aber
die Rassenfrage an: „Welche Maßnahmen zur Pflege der Rasse hat unsere Regierung
getroffen?“, aber nicht direkt als Rassenhass, sondern als eigene Wertstellung, die von
den Schülern kaum akzeptiert wurde.
In diesem Schuljahr zeigt sich die Verunsicherung im nationalsozialistischen Erziehungsziel.
Dadurch sollen hauptsächlich zwei Gedanken verstärkt werden: Das Feindbild
wird stärker aufgebaut (8g) und am Endsieg wird kein Zweifel erhoben. Dazu
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