2014•179 - T E X T:
jüngeren Geschwister, Beate und mir, wurde dieses Wort durch ein anderes
Zauberwort ersetzt: „Unser Gisbert geht auf die Universität!“
Aber spätestens hier zeigte sich, dass sich die Welt geändert hatte. Gisbert
wollte nicht Deutsch- oder Englischlehrer werden, sondern studierte
Erziehungs- und Sozialwissenschaften, Fächer, die gerade erst am Horizont
der schulischen Bildung aufschienen. Für Gisbert waren die Fächer wie
gemacht.
Es ging bei ihnen um Menschen, um junge Menschen, denen man durch sie
verhelfen konnte, das Leben zu gestalten.
Gisbert hat sich ein Leben lang den Menschen zugewandt. Diese Fächer und
sein Beruf gaben ihm die Möglichkeit, sein Leben in einer Einheit zu führen. Er
war nicht Lehrer und dann Gisbert, sondern Gisbert war Lehrer, und nicht nur
für seine Schüler.
Dass er mehr als 30 Jahre an seinem alten Gymnasium, dem Dionysianum,
unterrichtete, ist ein Zeichen von Beständigkeit, die selten geworden ist.
Gisbert hing an dieser Schule, sie war ihm wie eine Heimat geworden, so wie
er für sie eine Instanz der Erinnerung. Und er liebte es, zu unterrichten, und
liebte es noch mehr, für seine Schüler und Schülerinnen da zu sein. Er nahm
sie ernst als das, was sie waren: junge Menschen auf ihrem Weg. Auch sie
erlebten seine Freundlichkeit zu Menschen und sein Sorgen.
Dass er sich auch mühte, wenn er sich um Jemanden sorgte, erlebten wir, als
unsere Mutter vom Alter eingeholt und krank war. Wer sie kannte, weiß um
die Geduld, die Gisbert manchmal brauchte.
Etwas hat sich nicht geändert: Ein so freundlicher und geselliger Mensch wie
Gisbert braucht eine Familie. Und hier hat er sein privates Glück gefunden und
gelebt. Nach der Heirat mit Helga im Winter 1974 wurde bald an den Hausbau
gedacht und das Haus so geplant, dass Kinder darin leben und aufwachsen konnten.
Wenn ich an die Kiebitzstraße in den achtziger Jahren denke, sehe ich immer
Kinder vor mir, wobei es eben nicht nur Katja, Rike und Jan waren, sondern
immer auch andere, die genauso gern die Gastfreundschaft des Hauses
genossen. Insgeheim habe ich Helga und Gisbert oft bewundert, wie sie dieses
Gewusel und Gewimmel getragen haben. Es war kein unkluger Einfall von
Gisbert, sein Arbeitszimmer geschützt von alldem einzurichten. Denn er war ja
auch Vollzeitlehrer, nicht nur Vollzeitvater.
Die letztere Rolle hat er nahtlos erweitert zu der des Vollzeitgroßvaters. Die
Enkel waren ihm genauso eine große Freude, wie er ihnen. Und ich glaube,
dass damit das eigentliche Wort gefallen ist, was Gisbert durch sein ganzes
Leben getragen hat: Freude.
Gisbert konnte sich freuen, nicht nur an großen Sachen, sondern auch an
kleinen Dingen. Ausdruck dieser Freude am Leben war seine Gelassenheit und
sein Humor. Zeichen dieser Freude war sein Lachen. Und er konnte wirklich lachen!
Gisberts Leben war kurz, viel zu kurz. Aber es war ein gutes und erfülltes Leben.
Seine Güte, seine Freundlichkeit und seine Fröhlichkeit sind in unser Herz und
unsere Erinnerung eingeschrieben. Er ist nicht von uns gegangen, sondern,
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