2017•181 - T E X T:
Kritik durch Kirchengemeinde oder
Schule. Denn genau dadurch wollte die
Aktion die Frage provozieren, was ein
guter, der Gemeinschaft und dem Leben
dienlicher Umgang mit der geschenkten
Freiheit und Gnade Gottes sein kann.
So war die Überraschung groß, als Luther
uns plötzlich in einem total schwarzen
Outfit anschaute: Es war der Beginn der
Schülerarbeiten. Aus ein und derselben
Portrait-Vorlage Luthers hatten Schülerinnen
und Schüler der Kunstkurse aller
Jahrgangsstufen von Irmgard Sabelus,
Maria Kegel-Brandenburg und Maresa
Lohe ihre Gedanken rund um den Reformator
kreisen lassen. So ist er nun
beklebt im Harry-Potter-Stil, mit Ketten
vor dem Mund, einem Kreuz im Auge, als
weibliche Figur... Die Übertragung in die
Moderne lässt Luther seine Thesen nun
per WhatsApp und Facebook verbreiten,
ebenso wie seine Snapchat-Selfies.
Hier wird die optimale Zusammenarbeit
der Fachschaften Religion und Kunst
erfahrbar, wird doch deutlich, wie die
Vielfalt der Informationen, Vorstellungen
und Begegnungen mit der Person
Luthers und seiner Gedanken, Schriften,
wie auch quälenden Fragen und befreienden
Erkenntnissen sich gestalterisch
auswirken können.
Es gilt sowohl für diese greifbaren Themen,
die die Lebenswirklichkeit der
Schüler und ihre Phantasien widerspiegeln,
als auch für jene Porträts, denen
offensichtlich ein hohes Maß an theologischer
Reflexion vorausging und sich erst
bei näherer Betrachtung erschließt: Luthers
Profil, eingefasst in den Kopf eines
Mädchens oder übersät mit Ohren und
Mündern oder als Weltkugel oder…
Dazu bemerkt Irmgard Sabelus: „Für den
Betrachter wird die Begegnung zum Erlebnis,
hoffentlich! weil er nicht einfach
zu fassen ist, unser Luther.
Manches erfüllt Erwartungen, anderes
dagegen erfüllt den Betrachter durchaus
auch mit Ablehnung.“
Und so ist es unser gemeinsamer
Wunsch, dass die vielen beteiligten Schülerinnen
und Schüler mit ihren Ideen
dem Betrachter Impulse und ein aktives
Erleben bieten und nicht zuletzt auch die
Möglichkeit, neue Dialoge zu knüpfen.
Dieser Anspruch spiegelt sich auch in
den vielen Überlegungen und Äußerungen
wider, die sich in geschriebener Form
auf unserem Luther wiederfinden. Einige
Schüleräußerungen seien hier exemplarisch
genannt: „Freiheit und Vertrauen
sind superwichtig!“ „Toll, dass du so mutig
warst, bis zum Schluss!“ „Ich weiß, dass
du manchmal auch Angst hattest“. „Luther
meint: Mobbing funktioniert bei mir nicht
mehr: Gott hat mich schon geliked. Das
finde ich super!!“ „Gottes Gnade, Jesu Botschaft
und mein Glaube gehören zusammen.“
„Ich finde es klasse, dass wir Katholiken
mit euch mitfeiern können!“
Für alle Beteiligten war die fächerübergreifende
Zusammenarbeit ein bereicherndes
Erlebnis, gerade auch in ökumenischer
Hinsicht.
Heute, nach 14 Tagen, verlässt Luther
uns wieder. Pünktlich, zum ökumenischen
Neujahrsempfang, begrüßt er in
seinem neuen Outfit alle Gäste im Forum
der Stadthalle.
Gerlinde Wilmsmeier
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