2015•184 - T E X T:
Herbert Huesmann anlässlich der Verleihung
der Goldenen Stadtmedaille
an Ludger Meier am 24.Mai 1998
Sehr geehrter Herr Meier,
Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren!
„Die Aufgabe ist erfasst…Die Abhandlung
zeigt die umfangreiche Belesenheit des
Prüflings im modernen Schrifttum…Die
Umfangreichen und gehaltvollen Ausführungen
zum Thema lassen erkennen,
dass sich M. mit dem faustischen und
christlichen Menschenbild in der und
außerhalb der Schule gründlich auseinandergesetzt
hat. Die sprachliche Form…
hat Kraft und Anschaulichkeit.“
Mit diesen Worten, meine Damen und
Herren, einer bis auf den heutigen Tag
Wohlgehüteten geheimen Verschlusssache
im Archiv des Gymnasium Dionysianum,
kommentierte Dr. Vilter im Februar
1952 die Deutscharbeit des Abiturienten
Ludger Meier. Auf 11½ akkurat beschriebenen
Seiten hatte sich der Oberprimaner
in der damals üblichen dialektischen
Form des Besinnungsaufsatzes mit dem
Goethewort „Des Mannes wahre Feier ist
die Tat“ auseinandergesetzt. Da Dr. Vilter
genauso wenig wie andere Schulleiter
über die Gabe der Prophetie verfügte,
muss man es wohl als einen seltenen
Glücksfall betrachten, dass das fachliche
Urteil über eine – übrigens exzellente –
Abiturarbeit Merkmale herausstellt, die
geradezu zu einem Markenzeichen des
hier und heute zu Ehrenden geworden
sind: sein enges Verhältnis zu Sprache
und Literatur, die Fähigkeit, in geschliffener
Rede als Vermittler und Interpret
von Kunst aufzutreten, kurzum seine Eigenschaft
als Mann des Wortes. Als ein
Mann des Wortes jedoch, der sich schon
Dr. Vilter beobachtet hatte, gründlich mit
jenem Thema auseinandergesetzt hat,
das ihn stets am meisten interessieren
und beschäftigen sollte: der Mensch. Wie
sehr der Mensch jedoch des Wortes, der
geistigen Nahrung, der seelischen Förderung
bedarf, das hatte Ludger Meier früh
erkannt und sich entschlossen, Lehrer zu
werden und sich für den Bereich „Schule“
auch politisch zu engagieren. Die
Angehörigen seiner Generation hatten
mit einem überaus wachen Bewusstsein
wahrgenommen, wie wichtig es ist, die
geistigen Kräfte des Menschen zu wecken,
seine Personalität und Selbständigkeit zu
entfalten, ihn zu jenem in der amerikanischen
Verfassung verbürgten „pursuit of
happiness“, zum Streben nach Glück zu
befähigen und ihn so gleichzeitig gegen
eine Rückfall in die Barbarei zu immunisieren.
Da wir alle jedoch auch jenseits
unserer auf 10 – 13 Jahre beschränkten
Schulzeit immer wieder neuer geistiger
Impulse bedürfen, sehnen wir uns nach
einem Gemeinwesen, in dem die Kultur
eben nicht als dekoratives Beiwerk auf
den Wert einer „quantité négligeable“
reduziert wird, sondern sich kraftvoll
und vielseitig entfaltet, und zwar nicht
in entlegenen, den Blicken der Allgemeinheit
entrückten Bereichen, sondern
, im wahrsten Sinne des Wortes, inmitten
der Bürger. In diesem Sinne ist unsere
Stadthalle, das Bürgerzentrum, dessen
Entstehung Ludger Meier – sicherlich gemeinsam
mit anderen – maßgeblich gefördert
hat, das sinnfälligste Zeichen und
der vielleicht größte Erfolg seiner jahrzehntelangen
kulturpolitischen Tätigkeit.
Ludger Meier hat jedoch nie wie ein Politikmanager
nur an der Schaffung von
Rahmenvoraussetzungen gearbeitet, sein
Interesse galt – und zwar vorrangig – immer
|
|