2011•033 - T E X T:
Form der Lernerfolgskontrolle in vielen Fachbereichen nach wie vor üblich. Aber auch die Lern- und Arbeitshaltung vieler Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, die sich mit dem Lesen umfangreicherer Bücher schwer tun, sich aber zugleich von den modernen Medien in Besitz nehmen lassen, spiegelt sich in den Antworten der von Michael Wesch befragten Studenten wider. Ohnehin haben sich unsere Hochschulen im Zuge des Bologna-Prozesses und unter dem Druck wirtschaftlicher Erwartungen immer stärker auf die Vorbereitung und Vergabe kompetenzorientierter Abschlüsse einlassen müssen, übrigens ohne dass, wie der emeritierte Oldenburger Pädagogikprofessor Hilbert Meyer an dieser Stelle vor einigen Monaten darlegte, der Kompetenzbegriff wissenschaftlich sauber definiert wäre. Ob die Universitäten darüber tatsächlich bereits, wie Frank Schirrmacher urteilt, zu intellektuellen Controlling-Agenturen geworden sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich möchte Euch, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, wünschen, dass dem nicht so sei. Im Hinblick auf die Schulen, zumal die Gymnasien, scheint es mir angesichts der mit der Einführung der Kernlehrpläne einhergehenden Kompetenzorientierung jedoch dringend geboten, bei der Weiterentwicklung der Schulprogramme neben allen Methodenreflexionen, die unter dem Stichwort „Das Lernen lernen“ zusammenzufassen sind, verstärkt auch wieder über Inhalte und ihre Bedeutung für die Bildung und Erziehung junger Menschen nachzudenken.
Unabhängig von allen Einzelerwägungen ist angesichts der oben zitierten Antworten ein Befund unbezweifelbar richtig: Wir alle drohen , im Zeitalter der Neuen Informationstechnologien in einer Flut von Daten zu ertrinken, und wir haben zunehmend den Eindruck, der Fülle der uns täglich erreichenden Emails und online übermittelten Informationen nicht mehr Herr zu werden, von ihnen geradezu erdrückt, ja aufgefressen zu werden. In dieser Situation maßloser medialer Überforderung stehen wir in der großen Gefahr, etwas leisten zu wollen, was wir nicht leisten können: Wir multitasken. Diese vermeintliche Tugend der Informationsgesellschaft, die Müttern wie Managern, Arbeitern wie Akademikern, Lehrenden wie Lernenden abverlangt wird, ist inzwischen nicht nur als schlichte Überforderung, sondern, um noch einmal Schirrmacher zu zitieren, als Körperverletzung entlarvt. Clifford Nass hat im Sommer 2009 eine im Auftrag der amerikanischen „National Academy of Science“ erstellte Untersuchung veröffentlicht, in der er Menschen, die, um stets auf dem neuesten Stand zu sein, gleichzeitig alle möglichen elektronischen Medien, vom Blackberry über das Internet bis zum Fernsehen, anzapfen, mit jenen vergleicht, die solchen Informationshunger nicht verspüren. Dabei fand er, kurz zusammengefasst, folgendes heraus:
- Intensives Medien-Multitasking schränkt die Auswahlfähigkeit ein und verstärkt die Zerstreutheit.
- Multitasker verlieren systematisch die Fähigkeit, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Sie sind nicht mehr in der Lage, eine Schlussfolgerung, ein Fazit zu ziehen.
- Multitasker reagieren viel häufiger auf „falschen Alarm“. Sie verlieren die Fähigkeit, auf neue Informationsreize angemessen zu reagieren.
- Multitasker werden nicht effizienter,
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