2012•073 - T E X T:
Insbesondere der Aspekt Demokratisierung der Schule ist Ihnen zu einem Anliegen geworden, das Sie in Ihrer Arbeit verinnerlicht haben und das im Laufe Ihrer Amtszeit zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Während hier die Kardinaltugenden Klugheit und Gerechtigkeit die Maximen Ihres Handelns waren, so war es bei der Digitalisierung der Schule die Tapferkeit, mit der Sie diesem fremden Medium Computer tagtäglich gegenüber getreten sind.
Wenn man vom Kollegium gefragt wird, ob man eine Ansprache anlässlich der Entlassung eines langverdienten Schulleiters halten möchte, so gerät man zunächst ins Grübeln. Als erstes empfindet man die Frage als Kompliment, danach schreckt man davor zurück, vor einem solch ausgewählten Publikum zu sprechen und als drittes stellt man sich die Frage: kann man als Einzelperson dieser Aufgabe überhaupt gerecht werden? Ich stehe hier als Vertreter einer Gattung, die in der Öffentlichkeit zu Recht als „schwer belehrbare Individualisten“ bezeichnet wird. Nach mehr als 30 Lehrerjahren akzeptiere ich diese Bezeichnung voll und ganz. Auch in unserem Kollegium gibt es die unterschiedlichsten Charaktere, die sich täglich ihr Geschäft teilen: die Innovativen, denen keine Neuerung schnell genug umgesetzt werden kann, die Traditionalisten, denen die Bewahrung von erprobten Strukturen über alles geht und die Pragmatiker, die auf Optimierung und Effektivität ausgerichtet sind. Es gibt die vornehmlich pädagogisch ausgerichteten Vertreter und diejenigen, die eher ihre Fachwissenschaft in den Vordergrund stellen. Wir werden oft dafür gescholten, dass zu wenig Harmonie in unseren Reihen herrscht und dass unsere Einzelkämpfermentalität dem gesamtpädagogischen Konzept einer Schule entgegensteht. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass gute pädagogische Arbeit nur dann gelingt, wenn man als Lehrer die Möglichkeit hat, authentisch zu bleiben. Das bedeutet, dass man unterschiedliche Lehrerpersönlichkeiten akzeptieren und ertragen muss, damit dieser Beruf mit Engagement und Leidenschaft gefüllt werden kann.
„Er hat unsere Arbeit nicht mehr als notwendig gestört!“
Das war eine Aussage, die sinngemäß oft auftauchte, in Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen und in einer kleinen Umfrage zum Thema „Entlassung des Schulleiters“. Das soll überhaupt nicht heißen, dass wir tun und lassen konnten, was wir wollten aber unsere pädagogische Freiheit war Ihnen ein hohes Gut. Sie haben uns akzeptiert als Spezialisten hinsichtlich unserer didaktischen und fachlichen Arbeit und dies ist ein Aspekt, der dieser Schule in den letzten 25 Jahren Ihrer Amtszeit sehr gut getan hat.
„Er hat unsere Arbeit nicht mehr als notwendig gestört!“ Dieser Satz impliziert aber auch, dass Störungen notwendig waren. Mit Störungen unseres Systems meine ich Veränderungen in Richtlinien, Prüfungsordnungen und didaktischen Konzepten, deren Sinn Sie immer kritisch hinterfragt haben, deren Umsetzung Sie aber pflichtbewusst, wenngleich auch manchmal mit einem nicht zu übersehenden Kopfschütteln ertragen haben. Sie waren ein Schulleiter, dessen Harmoniebedürfnis oft auf eine schmerzhafte Probe gestellt worden ist. Es gab Lehrerkonferenzen, in denen Sie nicht nur geleitet sondern gleichermaßen gelitten haben. Die gründliche Einarbeitung in die Erlasslage und die sorgfältige Vorbereitung
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