2015•079 - T E X T:
nehme es Pustekuchen nicht immer so
genau. Das stimmt, aber bei allen Vorbehalten,
die ich selbst gegen so manche
Auswüchse des Regietheaters anmelde,
bin ich ganz dezidiert der Meinung, dass
gerade Schülerinnen und Schülern ein
großer Spielraum bei der inhaltlichen
Deutung und aesthetischen Interpretation
eines Werkes eingeräumt werden sollte.
Ich halte es auch da mit Gadamer, der
sich zwar dagegen ausspricht, „den […]
Text zum Anlass der Erzeugung beliebiger
Effekte“6 zu nehmen, aber es auch für
falsch hält, „die Freiheit des reproduktiven
Beliebens auf Äußerlichkeiten oder
Randerscheinungen zu beschränken.“7
Interpretation ist für ihn zwar in einem
gewissen Sinn ein Nach-schaffen, aber
nur in dem Sinn, dass der Interpret die
„Figur des geschaffenen Werks, […] wie
er Sinn darin findet, zur Darstellung zu
bringen hat“8. Und diese weit gefasste
Forderung hat Pustekuchen, wie mir
scheint, stets befolgt.
Pustekuchen ist im Laufe der Jahre am
Dionysianum zu einem Modell fächerübergreifender-
und fächerverbindender
Kooperation geworden. Ohne die Mitwirkung
Herrn Kühns und seiner Orchestergruppen
wäre so manche Inszenierung
ärmer gewesen, und das wunderbare
Musical Ali-Baba…oder? wäre 1996 erst
gar nicht zur Aufführung gelangt. Und
ohne die Ideen und die Mitarbeit von
Frau Sabelus und ihren Kunstkursen wären
die schlichten, aber stets ausdrucksstarken
Bühnenbilder nicht zustande
gekommen. Aber auch Eltern, ich nenne
stellvertretend für alle Frau Schepers
6 Hans-Georg Gadamer, a.a.O., S. 124.
7 Ebd. S. 125.
8 Ebd.
als langjährige Maskenbildnerin, waren
in die Arbeit eingebunden, und sie
alle haben den Erfolg der Theatergruppe
mit herbeigeführt. In gewisser Weise
unübertroffen bleibt für mich übrigens
die Inszenierung von Grabbes Scherz,
Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Sie,
Herr Baggemann, haben in enger Zusammenarbeit
mit Frau Romberg und Frau
Roß von der Christophorusschule, einer
Ganztagsschule für junge Menschen mit
einer geistigen Behinderung, die mitwirkenden
Schülerinnen und Schüler beider
Schulen zu einer beeindruckenden Gemeinschaftsleistung
geführt, und das zu
einem Zeitpunkt, als über Inklusion noch
gar nicht geredet wurde. Aber bei allem
Respekt für die Leistung des ganzen
Teams, die bei jeder Inszenierung zu bewundern
war: ohne Sie, lieber Herr Baggemann,
und das müssen Sie sich heute
auch mal sagen lassen und bei aller Bescheidenheit,
die Sie immer ausgezeichnet
hat, müssen Sie es ertragen: ohne Sie
wäre die Theater-AG Pustekuchen nie zu
dem geworden, was sie heute ist: Trägerin
des Kulturpreises der Stadt Rheine im
Jahre 2014.
Ich komme – endlich – zum Schluss, indem
ich an die Schulleitung, das Kollegium,
die Schülerschaft und die ganze
Schulgemeinde appelliere, alles verwaltungsmäßig
Nötige und motivational
Mögliche dafür zu tun, dass Pustekuchen
auch nach der bevorstehenden Pensionierung
Herrn Baggemanns weiterlebe,
denn es gibt noch unendlich viele Stücke,
die aufgeführt werden wollen! Bei der Abiturentlassfeier
2013 sagte der Sprecher
der Goldabiturientia 1963, Professor Dr.
Mathias Uhle, dass er 50 Jahre nach dem
Abitur beantworten könne, was „von der
Schule für das Leben wichtig war“. Er
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