2019•087 - T E X T:
„Wir haben das Fragile der äußeren
Werte erfahren und dafür sind wir
dankbar.“ (E. Ostermann) – ein Zeitzeugenprojekt
mit Alt-Dionysianern
Verfasst am 25. Mai 2019.
Wie hat die NS Ideologie das Zusammenleben
mit der Familie beeinflusst? Wie
stark hat sich Propaganda auf den Schulalltag
ausgewirkt? Sind Schüler freiwillig
der HJ beigetreten? – diese und viele
weitere Fragen stellten sich den Schülerinnen
und Schülern der Q1 vom Gymnasium
Dionysianum, als sie erfuhren, dass
sie Gelegenheit haben würden, auf Zeitzeugen
zu treffen.
Wer könnte schließlich einen besseren
Einblick in den Schulalltag im Dritten
Reich und Zweiten Weltkrieg geben als
eben jene, die diese hautnah miterlebt
haben. Besonders interessant hierbei
war natürlich, dass Erhard Ostermann (*
1933), Karl Sprakel (* 1933), Karl Holthaus
(* 1933) und Diethelm Röhnisch (*
1931) als Alt-Dionysianer eng mit Rheine
verbunden sind und beispielsweise als
Messdiener in der Petri-Kirche dienten
und z.T. später auch in dieser Kirche, in
der wir nun saßen, geheiratet haben.
Spannend wurde erzählt, dass man „kein
deutscher Junge war“, wenn man sich
weigerte, andere ins Gesicht zu schlagen,
oder dass man eine Entschuldigung
für nicht gemachte Hausaufgaben
ausgestellt bekam, wenn man für die
musikalische Untermalung der Freizeitgestaltung
eines nahegelegenen Jagdgeschwaders
sorgte. Dass auch 11-Jährige
ideologisch geprüft wurden, veranschaulichte
der dargestellte Besuch der Parteifunktionäre,
welche angereist waren,
um Nachwuchs für Napola-Schulen zu
rekrutieren. Wie diese Situation von den
Betroffenen damals empfunden, später
reflektiert und eingeordnet wurde, verfolgten
die Schülerinnen und Schülern
hochinteressiert.
Aber mitgebrachte Quellen veranschaulichten
auch sehr eindringlich, was es
bedeutete mit Mantel und Koffer neben
dem Radio zu sitzen und auf die Durchsage
zu warten, dass sich Bomber im Anflug
auf „Gustav-Paula 9“ (Anm.: die Koordinaten
unter denen Rheine zu finden war)
befanden, damit man sich im Keller vor
etwaigen Bombenangriffen in Sicherheit
bringen konnte.
Von der Kinderlandverschickung nach
Abtenau 1944 wurde ebenfalls erzählt,
welche alles andere als ein Ferienlager
war, was spätestens dann deutlich wurde,
als von wurmstichigen Nahrungsmitteln
und den Besuchen des in der Nähe
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