2012•089 - T E X T:
Begriffe beschränkte Überlieferung, die auch der Gegenwart noch bewahrenswert erscheinen sollte.“ .
Unterstützung erfährt dieser Ansatz von anderer Seite her in den Ausführungen des Frankfurter Erziehungswissenschaftlers Andreas Gruschka, der sich mit dem von ihm als technokratisch deklarierten derzeitigen Reformdiskurs in fulminanter Kritik auseinandersetzt. In seiner Schrift „Verstehen lehren. Ein Plädoyer für guten Unterricht“ aus dem Jahre 2011 hebt er die Unverzichtbarkeit von Inhalten und fachlichen Konzepten hervor, wenn er feststellt, dass die „Sache...ihre Faszinationskraft jenseits ihrer Didaktisierung ...bewahrt und entfaltet. Sie stellt den Schülern die interessanten Fragen, fordert sie heraus, sich ins Verhältnis zu den Fragen, den Methoden und den Erkenntnissen zu setzen.“
Gefordert ist die „Fähigkeit des Lehrenden, das als allgemeine Bildung aufgebaute Weltwissen und Können mit geeigneten ...Mitteln im Unterricht zu repräsentieren, es in Aufgaben für die Schüler zu übertragen und deren Bearbeitung und Verhandlung so anzuleiten, dass die Schüler sich die Inhalte auch tatsächlich aneignen können. Das erstrebte Können und Wissen lässt sich nur im Ausnahmefall mechanisch einüben. Lernen setzt ... das Verstehen des zu Lernenden voraus.“
Schule kann nach Ansicht Gruschkas ihrer pädagogischen Aufgabe dann am ehesten gerecht werden, wenn sie im Unterricht „das reflexive Verhältnis des Heranwachsenden zur Welt“ hinreichend mitbedenkt. Schulische Bildung bedeutet insofern „die Herausbildung eines sachlich möglichst weit und tief durch Einsichten entfalteten Ich-Weltverhältnisses“ .
Damit bin ich beim Raum, in dem wir uns befinden, der Aula und Bibliothek des Gymnasium Dionysianum, von dem ich vorhin sagte, dass er sozusagen Raum und Rahmen Ihres künftigen Handelns symbolisiert.
Ich habe es als sehr passend erachtet, dass die Einführung eines neuen Schulleiters in sein Amt hier stattfindet. Dieser Raum ist geprägt durch die Tradition der Schule und Ausdruck ihres jeweiligen Selbstverständnisses im Laufe der Jahrzehnte. Das Bildprogramm der Glasfenster mit den Gestalten von Vergil, Augustin und Thomas von Aquin verweist auf die Bedeutung von Christentum und Humanismus in der Entwicklung Europas und deren prägende Kraft im Verständnis von Bildung und Erziehung, das also, was Fuhrmann als ganz wesentlich hervorhebt. Auf den Fenstern in der Bibliothek sind es Parzival, der in seiner jugendlichen ‚tumbheit’ den Gral verfehlt, und der altersweise Trevrizent, der ihm Rat und Lehre, also Erziehung und Bildung, zuteil werden lässt.
Hier haben frühere Generationen ihre Interpretation von der Bedeutsamkeit tradierter Inhalte dokumentiert. Hier wird die gegenwärtige Generation sich in lebendiger Auseinandersetzung, quasi im direkten Gegenüber, mit der Frage von Bedeutsamkeit, von Werthaltigkeit und von Bewahrenswertem immer wieder aufs Neue befassen
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