2017•009 - T E X T:
Quadratur des Kreises? Geht nicht. Wissen
wir irgendwie alle. Die ägyptischen und
griechischen Mathematiker fanden bereits
die wichtigen Regeln über eckige Gebilde.
Und Archimedes näherte sich sogar der
rätselhaften Zahl Pi. Perser und Chinesen
erzielten noch bessere Näherungswerte.
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Kommt vor. Ist aber nicht unbedingt die Regel.
Also beschäftigt sich der Homo sapiens
seit Menschengedenken, nach neuesten Forschungen
über 300000 Jahre, mit sich selbst
und seiner Einbindung in gesellschaftliche
Strukturen. Geisteswissenschaftler, allen
voran die Philosophen, erstellten Theorien
und letztendlich sogar Regeln für richtiges
und angemessenes Zusammenleben.
Nicht immer, eigentlich bis heute, waren
sich Natur- und Geisteswissenschaften
hold. So bildete sich wie selbstverständlich
ein sich ständig ändernder Kanon heraus,
was denn Kinder (bei Sokrates „Die Jugend“)
an sogenannter Bildung in Schule
zu erfahren hätten. Gerne wurden Wilhelm
von Humboldt oder Gottfried Wilhelm
Leibniz als Zeugen aufgerufen, die Gestaltung
einer Schule als Humanistisches
Gymnasium oder Naturwissenschaftliches
Realgymnasium zu begründen.
Dirk Terhechte hat in seinem Geleitwort seine
Gedanken dargelegt zu den „Schul- und
Lehrplangestaltungen“ einer politisch eingefärbten
Ministerialbürokratie. „Non vitae,
sed scholae discimus“, erhob schon Seneca
ein halbes Jahrhundert nach Christi Geburt
Kritik am römischen Schulsystem. Dieses
Ansatzes bedient sich Dr. Ingmar Winter in
seinem Beitrag zur Humanistischen Bildung
in Rheine. Als Kontrapunkt erweist sich der
Blick auf das heutige Deutschabitur.
Dass die ständige Auseinandersetzung mit
der Gestaltung der Schullandschaft originäres
Arbeitsfeld der Schulleitung ist, kann man
den vielfältigen Beiträgen von Oliver Meer
entnehmen. Hervorzuheben sind die Ausführungen
zur Profilbildung am Gymnasium Dionysianum.
Die geplante Zukunftswerkstatt
wird sich sicherlich mit der in der neuen politischen
Konstellation angedachten Umgestaltung
der gymnasialen Welt befassen.
Die Öffnung zu allen Feldern des gesellschaftlichen,
politischen und wirtschaftlichen
Geschehens wird am Dionysianum
gelebt. Beispielhaft seien hier die Kooperation
mit der Gesellschaft für Sicherheitspolitik
(GSP) und das zugehörige Vortragsgeschehen
genannt. Das Fach Wirtschaft wird
in den Fächerkanon zurückkehren. Die so
wichtige Berufsinformation ist ohne das
Zusammenwirken mit Unternehmen nicht
denkbar. Aber genauso gehört an diese
Stelle der Blick auf das Lutherjahr. Gerlinde
Wilmsmeier, Religionslehrerin am Dio und
evangelische Pastorin, liefert eine lesenswerte,
künstlerisch unterlegte Studie, wie
sich Schülerinnen und Schüler in einem
fächerübergreifenden Projekt zu einer teils
vorgegebenen, aber offen gehaltenen Thematik
äußern. Beispiel: „Freiheit und Vertrauen
sind superwichtig“.
Natürlich schärft diese benannte Öffnung
auch den Blick auf Besorgnis erregende
Geschehen und Erscheinungen. Allein drei
solcher Themenkreise werden in diesem
Blatt angesprochen. In Nordrhein-Westfalen
begegnen wir einer nahezu zerstörten
Schullandschaft, in der Bundesrepublik
entwickelt sich fast ungebremst der Hang
zu populistischem Reden und Handeln,
und das nicht nur in Verbindung mit der
Flüchtlingsproblematik, und zuallerletzt
droht die Welt aus den Fugen zu geraten
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